Die Geschichte der Freiheit
Großmutter erzählt von der Freiheit
Meine kleine Zeitreise beginnt an einem verregneten Wochenende.
Es war Samstag und einer dieser ruhigen Regentage im Sommer. Die Luft war mild und es schien als hätten sich die Tropfen zu feinen Fäden zusammengeschlossen, um Himmel und Erde zu verbinden.
Mir war langweilig und so stieg ich die steile Treppe nach oben und klopfte an die Tür zum Zimmer meiner Großmutter. „Koom herin mien Leev!“ (Komm herein Liebes) drang ihre Stimme durch die geschlossene Tür. Ich drückte die Klinke herunter und trat ein. Meine Oma saß in ihrem Lieblingssessel und schaute mich über den Rand ihrer Lesebrille an. Ich fragte sie ob ich ein wenig bei ihr bleiben durfte und mit ihrem Nicken, huschte ich dann auf das Sofa.
"Erzählst du mir von dem Volk am Meer“, fragte ich sie. Vor einigen Tagen hatte sie mir versprochen, mir eine ganz besondere Geschichte zu erzählen und so schaute ich sie mit erwartungsvollen Augen an.
Sie legte das Buch aus ihren Händen. Es ruhte nun aufgeschlagen auf dem runden Wohnzimmertisch, auf der eine helle Tischdecke, mit einem selbst bestickten Muster lag. Mein Blick fiel auf das Lesewerk. Anhand der Gestaltung der Seiten, konnte ich erkennen, das meine Oma in der alten Familienbibel gelesen hatte. Ein Kalenderblatt steckte zwischen den aufgeschlagenen Seiten der Buches.
Meine Großmutter war eine gläubige Frau, trug es aber nicht nach außen, sondern empfand es als etwas Eigenes, eine ganz private Verbindung zu Gott. So gestand sie mir schon als Kind ein, meinen eigenen Gedanken nachzugehen, um mir so mein eigenes Weltbild zu erschaffen.
Wortlos schlug sie dann die Bibel behutsam zu und setze ihre Brille ab. Sie lächelte, stand auf und holte eine zweite Teetasse aus dem alten Wohnzimmerschrank, die sie dann vor mir auf den Tisch stellte. Während ich zuschaute, wie langsam ein Wölkchen zur Oberfläche in der Tasse emporstieg, begann meine Oma in unserer Muttersprache zu erzählen:
"Einst lebte ein Volk am Meer. Sie lebten in Frieden miteinander und von dem was die Natur und das Meer ihnen bot. Nur selten fanden Fremde zu ihnen, denn nicht nur das Meer sondern auch weite Moore umgaben das Land. Jeder der von dem rechten Weg abkam, wurde dann verschlungen und verschwand auf alle Zeit im schwarzen Morast. Zudem sprachen sie eine andere Sprache die sich vom Rest der Welt unterschied und so lebten sie die meiste Zeit unter Ihresgleichen.
Es war ein fleißiges Volk, das zudem den Worten des Allmächtigen zugetan war!“
„Meinst du Gott!“ fragte ich dazwischen. Meine Großmutter schaute zu mir:“ Einige nennen ihn Gott, für Andere ist es der Messias oder der Schöpfer, der Allmächtige hat viele Namen und vielerlei Gestalt.“ Dann erzählte sie weiter: „Es war ein hartes Leben, das diese Menschen führten. Oft fegten Stürme über das flache Land und brachten das Meer mit sich. Trotz dieser Gefahr für Mensch und Tier blieben sie dem Land treu und lernten mit der rauen Wildheit im Einklang zu leben. In den langen Winternächten brannten die Feuer in den einfachen Hüten. Gefüttert mit dem Torf, den sie im Sommer aus den Mooren stachen, schützten sie nun die Menschen vor dem kalten Hauch des Frostes. Erbamungslos legte sich dieser über das weite Land und oft verbündete er sich mit den Stürmen des Meeres. So blieben die Menschen in ihren Hütten, lebten von den Vorräten, die sie sorgsam hüteten und erzählten sich Geschichten, geboren aus dem Leben am Meer. Im Schein des Lichtes, das die lodernen Flammen auf die Gesichter malte, sah man das Leuchten der Kinderaugen, die den Worten am Feuer lauschten.
Auch Neptun hatte gefallen gefunden an den Menschen die am Rande seines Reiches lebten. Oft ritt er auf den Schaumkronen und beobachtete das Treiben des kleinen Volkes. Die Menschen hatten gelernt einfache Netze zu fertigen mit denen sie am Randes des Meeres fischen gingen. Bis zur Brust hinein standen die Männer in den Fluten und nahmen sich nur soviel aus dem Meer, wie sie brauchten, um ihre Familien zu versorgen. Bevor sie jedoch ins Wasser traten gedachten sie auch dem König über das endlose Wasser. Sie baten um seinen Schutz und einen guten Fang bevor sie eintraten und ihre Netze auswarfen. Das gefiel Neptun so gut, das er sich mit dem Allmächtigen besprach und so bekamen sie die Gabe Boote zu bauen. Fortan fuhren sie hinaus auf die weite See um dort ihre Netze auszuwerfen und wurden reich belohnt. Sie folgten mit ihren Schiffen den Möwen, die ihnen die besten Fangplätze zeigten. Doch dort, wo das Meer anfing in die unendliche Tiefe zu gehen, dort blieben sie fern. Denn dort in der Dunkelheit war Neptuns Reich und niemand sollte ihn dort stören. Auf keinen Fall wollten sie den Zorn des Meereskönigs heraufbeschwören, der sonst die riesigen Ungeheuer aus schickte um die Seemänner in sein Reich zu ziehen. Das war das Gebot des Meeres und die Menschen folgten ihm.
Das Volk am Meer lernte mir den Gezeiten zu leben und ertrugen Neptuns Launen, wenn er wieder einmal das Wasser ins Land schickte. Die Menschen bauten jetzt ihre Häuser auf Anhöhen, die sie Warften nannten und Deiche schützen fortan das Land vor den Überschwemmungen. Die Jahre vergingen und immer öfter kamen auch Fremde in das kleine Land am Meer und einige wollten sie sogar zu Untertanen machen.Selbst durch Neptuns Reich kamen mächtige Schiffe und wollten das Land erobern. Doch die Menschen hatten gelernt zu kämpfen. Dieses Land hatte sie stark gemacht und so schlugen sie alle Feinde in die Flucht, die Ihnen ihre Freiheit und Lebensweise nehmen wollten. Lieber waren sie Tot als den Anderen als Sklaven zu dienen."
Hier habe ich einen kleinen Auszug aus meiner Geschichte zur friesichen Freiheit eingestellt.Die ganze Geschichte wird bald im Login Bereich zu lesen sein, der von mir gerade eingerichtet wird.