En Oostfrees vertellt- eine Ostfriesin erzählt- An East Frisian tells

und "Indioners"

Wenn fremde Kulturen das Herz berühren

Mein erster Powwow Besuch!

(2019)

Von den Powwows, der Native Americans, hatte ich bereits einige Videos gesehen und Reportagen gelesen. Jetzt hatte ich zum ersten Mal die Möglichkeit, hier in Deutschland an einem PowWow teilzunehmen. Zusammen mit meiner kleinen Enkeltochter machten wir uns auf, in die nahegelegende  Westernstadt. 


Nachdem wir am Nachmittag viele Eindrücke sammeln konnten, kehrten wir am frühen Abend zurück zur Showarena, wo das PowWow stattfinden sollte.

Irgendetwas hielt mich jedoch davon ab, in die Veranstaltungshalle hinein zu gehen und so stellten wir uns  in den  überdachten Außenbereich.

"Das große Eintreten"

Ein Mann in "indianischer Kleidung" betrat die Tanzfläche. Er hielt eine Schale in der Hand und verteilte den Rauch mit einem Federfächer. Die grau-weißen Schwaden begleiteten ihn, während er den hölzernen Boden abschritt und ab-räucherte. Schnell verbreiteten sich die Qualm, wie feiner Nebel in der Halle und schien alles sanft zu berühren. Bevor er sich auflöste und mit dem `Nichts` um uns herum verschmolz, stieg der Geruch des Süssgrases auch in meine Nase. Plötzlich war ein vertrautes Gefühl in mir und ich horchte in mich hinein. Für einen Augenblick war ich verbunden mit einer Erinnerung aus meiner Kindheit. Ich sah die kleine Holzpfeife vor mir, in der wir Kinder das getrocknete Gras gestopft hatten. Wir zündeten das Heu an, der weiße Rauch stieg empor und glich  dem Aroma des Sweetgrases, welches jetzt über dem Powwow lag. Für einem Moment war ich  einer Zeit ganz nahe, welche schon in Vergessenheit geraten war.

Die Stimme des  deutsche Sprecher zog meine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen Ich sah die vielen unterschiedlichen Menschen,von denen  sich manche , auch von der Kleidung her,  der "indianischen" Kulturveranstaltung angepasst hatten. Einige von Ihnen begannen sich dann  aufzustellen, bildeten eine Menschenreihe, an dessen Spitze der junge Mann der Sioux stand. Er trug eine Fahne in den Händen, die mit Adlerfedern geschmückt war. Mit achtsamen und stolzen Tanzschritten betrat er den hölzernen Boden. Im Rhythmus zu den indianischen Klängen folgten  die Anderen ihm  und der „Eagle Stuff“  auf die Tanzfläche, bis sie eine große Kreisformation gebildet hatten. Dann lösten sich die Fahnenträger  aus der Runde und traten in die Mitte. In einem Zeremoniell wurden die einzelnen Fahnen geehrt, übergeben und neben dem Jurypult aufgestellt.

Jetzt war das PowWow offiziell eröffnet und das Publikum wurde jetzt aufgefordert, gemeinsam mit den Gästen aus Amerika, am  „Intertribal-Dance“ teilzunehmen.

Das gemeinsame Tanzen.

Oma, wir müssen auch tanzen!“ forderte meine Enkelin mich auf und zog behutsam an meiner Hand. Da hatte sie mich eiskalt erwischt, Unbehagen breitete sich in mir aus und so suchte ich nach Ausreden. Ich hatte eine Hemmschwelle in mir und versuchte mich wie ein Aal herauszuwinden.  Als ich jedoch in ihre Augen sah, die vor Aufregung strahlten, hatte ich bereits verloren. Zudem wollte ich ein Powwow miterleben und miterleben kann ich etwas nur, wenn ich Teil des Ganzen werde. So machten wir uns auf in die Halle, mischten uns unter die Menschen und suchten uns einen Platz am Rande der Tanzfläche. Als wir ankamen, wurde diese gerade wieder frei gemacht um Platz für die bevorstehenden Auftritte zu bekommen. Durch den Lautsprecher tönte die Stimme des Redners, der durch die Veranstaltung führte. Der erste Tänzer wurde angesagt, untermalt mit einer kurzen Information zur Tracht und Bedeutung des Tanzes.

Der Tänzer von der Navajo-Nation, trat auf die hölzerne Tanzfläche und legte ein paar Reifen aus. Diese erinnerten mich sogleich an die Hula-Hupp-Reifen, die ich als Kind um meine Hüften kreisen ließ. Musik aus einer, mir fremden Kultur und Sprache, ertönte aus den Lautsprechern. In seiner Tracht begann er nun zu tanzen und die runden Plastikringe verschmolzen mit seiner Darbietung. Immer wieder kreierte er neue Symbole damit, ohne seinen Tanz in irgendeiner Form zu unterbrechen. Wie zu einer Geschichte, schienen sie sich so, in dem Hoop Dance zu vereinen. Beeindruckende Regalias und Tänze  ließen mich nun teilhaben an einer Kultur die uns so fremd ist und doch vertraut scheint. Einige Vorführungen wurden auch von Nicht-Natives getanzt um den Zuschauern so einen Eindruck von der Vielfältigkeit der verschiedenen PowWow-Tänze  und Trachten zu geben.

Zwischen den Auftritten kam wieder ein „Intertribal“ und diesmal betraten auch wir die Tanzfläche. Die kleine Kinderhand schob sich in meine, ich spürte den leichten Druck, so als biete sie uns Vertrauen und Sicherheit, als wir in die Menschenmasse hinein tauchten. Für einige Augenblicke verharrten wir noch auf dem hölzernen Tanzboden; schauten uns um, beobachteten alles, wie in einer Momentaufnahme, die jedes Detail einfangen möchte. Dann begannen auch meine Füße sich zu bewegen und folgten der Einladung der fremden Klänge. Im Rhythmus der Trommel und des Gesanges verschmolzen wir mit den Tanzenden. Eine bunt gemischte Menschengruppe bewegte sich gemeinsam zu den Trommelschlägen. In diesem Moment schien es egal zu sein, woher du kommst, ob Mann ob Frau, mit Handicap oder welche Farbe deine Haut hat.  Mittendrin die PowWow Tänzer aus Amerika, deren Bewegungen und Fremdartigkeit die Menschen durchflossen und zum Tanz vereinten. Sie ließen uns teilhaben an ihrer Kultur die uns vertraut scheint und doch so weit weg ist, von dem, was unser Leben bestimmt und geprägt hat.  Plötzlich merkte ich, wie sich der Druck in meiner Hand verstärkte. Der Tänzer der Sioux tanzte ausdrucksvoll direkt neben uns. Er überragte uns um einige Kopflängen und schien völlig mit seinen Bewegungen verbunden zu sein. Seine Regalia vervollständigte dieses beeindruckende Bild. Plötzlich stieß er einen lauten Schrei aus und wir zuckten automatisch zusammen. Aus dem erstaunten Schreck wurde dann ein Lächeln was mit einem :„Wauh, cool“, seitens meiner Enkelin, noch begleitet wurde. Ich selber war noch ganz mit dieser Szenerie beschäftigt, als der traditionelle Tänzer der Zuni/Omaha neben uns war. Auch er schien völlig eins mit seinen Bewegungen zu sein. Sein Gesicht war bemalt und trotz der lauten Musik, hörten wir die kleinen Glöckchen, die seine Tracht zierten. Im Rhythmus der Trommeln zog er an uns vorbei.  Plötzlich blieb meine Enkeltochter stehen und schaute dem Tänzer nach. Sie schien alles genau zu beobachten. Dann setzte sich der kleine Körper wieder in Bewegung mit der Bemühung ihre Tanzschritte dem des PowWow Tänzers anzugleichen.

Wer einen Native American tanzen sieht, spürt diese Verbundenheit mit seiner Kultur.Diese Menschen tanzen nicht nur, sie sind der Tanz. Sie scheinen eins mit jeder Bewegung und mit jedem Teil ihrer Regalia. Ihre Musik durchfließt ihren Körper, sie verschmelzen, erwecken und bewahren darin die Seele ihres Volkes und ihrer Kultur. Diesen Eindruck hat es zumindest bei mir hinterlassen.

Alle diese Menschen hatte es an diesem Abend hier her gezogen. Jeder war gekommen mit seiner ganz eigenen Geschichte, Gedanken und Intuition. Jeder wird diese Arena wieder verlassen mit seinen individuellen Eindrücken, Bilder und Emotionen. Einige werden schnell zurückkehren in ihren Alltag. Die Erinnerungen werden verblassen. Einige werden aber auch diesen kleinen Einblick in die  Kultur der Native Americans, vielleicht als einen neuen Stein mitnehmen, bemalt mit einer bunten Erinnerung, der den eigenen Lebensweg bereichert.

Das Tanzfest hat bei meiner Enkeltochter eine bleibende Erinnerung hinterlassen. In ihrem kindlichen Spiel setzt sie sich mit diesem besonderen Erlebnis auseinander und verarbeitet ihre Eindrücke. Als sie anfing mir viele Fragen zu stellen und ich diese nicht beantworten konnte, wurde mir bewusst, wie wenig ich von den Kulturen, Geschichte und den Traditionen der Native Americans weiß.



 

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