En Oostfrees vertellt- eine Ostfriesin erzählt- An East Frisian tells


Abenteuer Märchen und Mythen

Wenn Hexen tanzen!

Sagen ranken sich um die Walpurgisnacht. Eine alte Burgruine bot die Kulisse für ein ganz besonderes Theaterstück, das mich mitnahm  in eine mystische Welt.


Die Walpurgisnacht beginnt

Weit oben auf einem Berg, umgeben vom alten Baumbestand, lugen die Überreste einer einstigen Burg hervor. Zeitzeuge einer Vergangenheit, die viele Jahrhunderte  zurück liegt.

Jedes Mal, wenn mich mein Weg nach Vilshofen führt, gehen ein paar flüchtige Blicke hinauf zu der ehemaligen Festung. Und während ich die Straße befahre, die sich schlangenartig zwischen Berg und Donau entlang zieht, bleiben meine Gedanken für einige Momente mit dem alten Mauerwerk verbunden.
Wie gerne würde ich die Ruine erkunden, die dort im Schutz des Waldes ihre Geschichte erzählt.
Doch die Wochen und Monate vergehen. Vielleicht hat auch die Pandemie mit dazu bei getragen, dass der Zauber und der Wunsch nach den kleinen Abenteuer im täglichen Leben, in mir ein wenig verdrängt wurden. Dabei sind gerade sie es, die mein Dasein bereichern und zu einer unvergesslichen Reise machen.
Als ich an diesem Tag wieder mit meinem Auto unterwegs war, war die große hölzerne Tafel, die am Rande des Waldes steht, nicht mehr leer. Große weiße Buchstaben hatten darauf ihren Platz gefunden und luden zur Walpurgisnacht ein.
Nun stand ich vor dem großen Torbogen und mit einem Gefühl von Faszination und Neugier trat ich hindurch. Hohes Mauerwerk säumte eine kleine Straße, die wohl ins Innere der Burg zu führen schien. Durch das alte Gestein erhielt diese Kulisse zudem eine beeindruckende Atmosphäre. Das die Menschen sich hier früher sicher und beschützt fühlten, konnte ich jetzt gut nachvollziehen.
So ging ich den Schotterweg entlang, vorbei an kleinen Holzbuden, die für das leibliche Wohl der Gäste sorgten. Dann zog eine Kapelle meine Aufmerksamkeit auf sich. Dieses Symbol des christlichen Glaubens, schien wie verschmolzen zu sein, mit dem Gestein dieses Bollwerkes. Die Tür war geöffnet und ich war mir sicher, das ich ein anderes Mal, diese kleine Kirche besuchen werden.
Jetzt war ich im Herzen der Ruine angekommen. Die Dämmerung hatte bereits damit begonnen das Mauerwerk leise zu umhüllen, um sich dann gänzlich mit der Dunkelheit zu vereinen. Doch im  Licht der Nacht, das sonst seinen Platz friedvoll ein nimmt, war an diesem Abend etwas mitgereist.  Spöttisches Gelächter durchbrach die Stille. Schattenwesen flogen heran und erreichten den Innenhof der Burg. Dann waren sie unter uns, die Hexen mit ihren Strauchbesen und  begannen gemeinsam in dieser Walpurgisnacht zu tanzen.

Die Brautschau des Teufels

Schattenwesen flogen heran und erreichten die Burgruine. Während mein Blick noch verschmolzen war mit den Geschehnissen auf der großen Leinwand, die die Ankunft der Hexen dokumentierte, hatten sich bereits fremde Gesichter unter das Publikum gemischt. Schreie des Erschreckens hallten durch das alte Gemäuer. Bizarre Gestalten der Nacht tauchten im fahlen Licht der Kerzen und Fackeln auf. Jetzt waren sie unter uns, die Hexen auf ihren Besen und versammelten sich um das Feuer, dass im Herzen der Burg für sie brannte. Als folgten sie einem lautlosen Ruf, begannen sie in dieser Walpurgisnacht gemeinsam zu tanzen.

Die Zauberwesen, wie ich sie aus Büchern und Märchen kannte, ließen Feuersäulen wachsen und schwefelartiger Rauch verteilte sich im Burghof.
Irgendwie zog es meine Aufmerksamkeit kurz fort von dem Schauspiel. Meine Augen wanderten durch die Szenerie, die mich umgab. Meine Entdeckungsreise wurde dann abrupt unterbrochen. Hockte da etwas auf dem Mauervorsprung?
Ich stieß meinen Sohn an, der neben mir stand und während wir das „Etwas“ fixierten, erhob es sich unerwartet. Eine Gestalt war erwacht. Hörner, wie die von einem Stier, zierten seinen Schädel und seine Stimme durchdrang den nächtlichen Himmel:“Kommt alle zu mir!“
Gemeint waren die Hexen, die jetzt nur noch für ihn zu tanzen schienen.
Eine Gruppe Mönche zogen mir Fackeln an mir vorbei, doch sie konnten das Unvermeidbare nicht aufhalten.
Plötzlich wurde es hell im Herzen der Burg. Eine Wand aus Feuer tat sich auf und heraus trat der Fürst der Finsternis. Er nahm Platz auf seinen brennenden Thron, während die Hexen weiter für ihn tanzten. Eine von ihnen würde er erwählen , damit sie an seiner Seite mit ihm das dunkle Reich regiere.
Dann betrat auch der Teufel den Kreis. Das Licht des Feuers umspielte die mystischen Wesen, dessen Existenz wir in die Welt der Schatten und des Bösen verbannt haben. Nun tanzte der Beelzebub mit seiner zukünftigen Gemahlin. Stolz präsentierte er die neue Frau an seiner Seite.
Dann neigte sich das Fest der Hexen dem Ende zu. Der Teufel öffnete erneut das Tor zur Hölle und alle verschwanden im Schlund der Unterwelt. Noch einmal schaute er zurück und es wirkte wie ein versprechen, wiederzukommen in der nächsten Walpurgisnacht.


Durch die Aufführung auf der Burgruine ist auch eine Erinnerung in mir zurückgekehrt. Hatte mein Vater mir nicht auch von einem Hexentanzplatz im Hammrich erzählt?

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