En Oostfrees vertellt- eine Ostfriesin erzählt- An East Frisian tells



Im Wandel der Jahreszeiten
Frühling
Wenn die Osterfeuer brennen

Die Sonne, die gerade noch als helle Scheibe am Himmel thronte, senkt sich langsam herab Richtung Erde. Als folgte sie einem lautlosen Ruf, verlässt sie nun ihren vertrauten Platz.
Es erinnert mich daran, wie wir Kinder unser Spiel unterbrachen, um den Ruf der Kirchturmglocken zu folgen. Während ihr abendlicher Klang durch die Straßen hallte und über das umliegende Land getragen wurde, verstummten nach und nach die Kinderstimmen. Wie durch ein geheimes Signal kehrten sie zurück in den Schutz der roten Backsteinhäuser. Nun konnte die Nacht ihren dunklen Mantel über das Dorf legen und während das Licht der Sonne schlief, erwachte ein warmes Leuchten hinter den Fenstern aus Glas.

Meine Gedanken kehren zurück zu dem Feld auf dem ich stehe und während meine Stiefel den nackten Erdboden berühren sind meine Augen zum Himmel gerichtet. Im Rhythmus von Tag und Nacht beginnt das tägliche Naturschauspiel. Die Sonne senkt sich zur Erde herab und taucht ein, dort wo Himmel und Erde sich berühren. Plötzlich erscheint sie mir noch größer und imposanter als zuvor.

Rotes Licht umspielt das Lied der Abendsonne und es scheint, als hätte der Himmel ihr Feuer eingefangen. Durch die Naht der Welt schiebt sie sich langsam herab und nimmt das Licht des Tages mit in den verborgenen Raum.


Doch während hier die Dunkelheit Einzug hält, begrüßt sie als Morgensonne das schlafende Land auf der anderen Seite unseres blauen Planeten. Noch einmal verschmelzen Licht und Schatten, bevor die tägliche Symphonie verklingt. Der Gesang der Sonne ist verstummt und der nächtliche Himmel wacht nun über diesen Teil unserer Erde. Die ersten Sterne erscheinen neben dem 1. Frühlingsmond.Jetzt zeigt sich die unendliche Weite des Universums und Ehrfurcht breitet sich in mir aus.


Dunkelheit umgibt nun auch die Menschen, die sich hier um diesen Berg aus Ästen und Strauch-schnitt versammelt haben. Die Farbe Schwarz beherrscht nun das Bild. Schemenhaft sind noch einige Bäume zu erkennen, die als Wallhecken die Äcker säumen. Nun wirken sie wie Wesen, die mit der Dunkelheit verschmolzen sind.




Dann durchbricht ein winziger Lichtschein das Schattenland und tanzt als kleine Flamme durch die Farben der Nacht.  Sofort findet sie Nahrung in dem Heu, die wie kleine Nester zwischen dem Astgewirr hervorschauen. Schnell frisst sich der Feuerschein durch das getrocknete Gras und tastet sich langsam entlang der Zweige. Wild durcheinander geschichtet ruhen sie hier seit Wochen. Trotz Schnee und Regen im Jahresverlauf, waren es Wind und den kühlen Strahlen der Sonne gelungen das Holz zu trocknen. Nun war es bereit, das Feuer in sich aufzunehmen. Ein knistern begleitet nun den warmen Lichtschein. Gierig greift es nach den trockenen Ästen und das Lied des Feuers beginnt.  Sein Gesang begleitet nun die Flammen und während dichter Rauch Richtung Himmel zieht erhellt sich langsam der hölzerne Berg. Hitze legt sich allmählich wie ein Schutz um ihn, so als sollte niemand den Feuertanz stören.


Die Menschen. die sich um das Osterfeuer versammelt haben, treten ein paar Schritte zurück. Der heiße Hauch hüllt sie ein und einige schieben schützend ihren Arm vor das Gesicht. Wie ein Schmerz brennt die Hitze auf der Haut und mahnt zur Vorsicht, ihm nicht zu Nahe zu kommen. Kleine Flammensterne wirbeln zudem heraus. Geboren in der Glut schweben einige mit dem Rauch zum nächtlichen Himmel empor.  Doch einige von ihnen bleiben zurück. Wie  feurige Tänzer wirbeln sie um den brennenden Berg herum. Ungebändigt und wild scheint dabei ihr Flug nach einer lautlosen Melodie.
Doch entfernen sie sich aus dem heißen Schein fängt der kühle Nachtwind sie für  eine neue Reise ein. Ihr Tanz wird nun leise, ihr Licht erlischt und  Schneeflockengleich schweben sie nun zur Erde herab.
Ich sehe, wie eine der grauen Flocken sich neben mir niederlegt, doch  ihr Körper aus Asche ist so zart und zerbrechlich, das sie sich auflöst als sie den Boden berührt.

Als wäre der Frost des Winters noch in ihm versteckt schleicht plötzlich der Wind stärker über die Felder und Wiesen. Man hört ihn, wie er an den dunklen Baumwesen vorbeizieht und seine Kälte erfasst auch die Menschen die noch bedächtig am Osterfeuer stehen. Er blässt seinen Atem auch in das Feuer und nocheinmal wirbelt eine Säule aus Funken gen Himmel. Die Menschen beginnen sich zurückzuziehen, dorthin, wo der kalte Wind sie nicht mehr erreichen kann. Nur das Feuer bleibt und verwandelt mit seiner Magie den Berg aus Holz zu Asche. Zusammen mit der schwarzen Erde wird sie dann den Boden fruchtbar machen, für neues Leben und eine neue Ernte. Das Feuer hingegen bleibt als Erinnerung darin zurück.

Heike