En Oostfrees vertellt- eine Ostfriesin erzählt- An East Frisian tells

 Wieso, weshalb, warum?
Wolkenwunsch
Gedanken eines Kindes zum Krieg in der Ukraine.

Meine Enkeltochter liebt es bei mir zu übernachten und auch mir bedeutet diese gemeinsame Zeit mit ihr sehr viel. Wir machen es uns dann immer so richtig gemütlich und auch ein wenig Knabberkram oder selbstgemachtes Popcorn darf dabei nicht fehlen.

Nun war die Nacht vorbei, der Frühstückstisch gedeckt und ich trank die ersten Schlucke vom heißen Tee. Im gleichen Moment öffnete sich ganz leise die Tür. Mit leicht zerzaustem Haar und dem kleinen Stoffhund unter dem Arm, betrat meine Enkelin die Küche. „Guten Morgen Oma“, sagte sie liebevoll und setzte sich auf ihren Platz. Die bunte Packung mit den Frühstückszerealien stand schon bereit. Mit einem prasselnden Geräusch, landeten die dicken Brocken aus Korn, auf dem Teller, der vor ihr stand.An diesem Morgen war es irgendwie anders als sonst. Eine merkwürdig ruhige Stimmung hatte sich in der Küche verteilt und so vernahm ich selbst den Klang der Milch, als diese gluckernd  in den Teller floss. Die dunklen Nougat-Kissen wirbelten wild durcheinander. Langsam beruhigte sich ihre turbulente Reise wieder und nun trieben sie gemächlich auf der weißen Flüssigkeit. Während ich mir eine weitere Tasse Tee einschenkte, tauchte der große Löffel ein in die Milch. Gedankenversunken schob meine Enkeltochter eines der braunen Brocken damit durch den weißen See.
Meine Stimme durchbrach dann die ungewohnte Stille und ich fragte sie, warum sie so schweigsam war.
„Oma, glaubst du, dass es das Christkind wirklich gibt?“ fragte sie mich und noch bevor ich auf ihre Frage antworten konnte, sprach sie weiter:“ Ich glaube dass es das Christkind gibt. Es ist immer da!“  Ich nickte ihr zu, verzichtete aber darauf ihre Erkenntnis zu kommentieren.  Dann bat sie mich zu einem späteren Zeitpunkt frühstücken zu dürfen und verschwand Richtung Wohnzimmer.  Ich trank die letzten Schlucke von meinem Tee und folgte ihr leise. Während ich im Türrahmen stehen blieb, stand sie am großen Wohnzimmerfenster und blickte in den Morgenhimmel.


Ich sehe mein Enkelkind am Fenster stehen,
denn sie liebt es in den Himmel zu sehen.
Die Wolken ziehen vorbei
und mit viel Fantasie
sieht sie darin wundersame Figuren entsteh`n.
Darin auch den Hund,
den sie sich solange schon wünscht
und während seine flauschige Reise beginnt,
verbinden sich Worte,
ganz sacht und ganz leis`,
begleiten das „Tier“ durch das Wolkenreich.
„Liebes Christkind,
ich weiß, das es dich gibt!
Mach` das keine Bombe mehr fliegt.
Sag` mir wohin sollte ich mit meinem Hund geh`n
wenn hier Krieg ist und sie alles zerstören?“


Jetzt sehe ich in die Augen meiner Enkeltochter und mein Herz wird mir schwer. Die unbefangende Kindheit, über die ich in meinen Geschichten schreibe, wird sie so nicht erleben können. Erst kam die Pandemie, die sich wie ein Schatten über uns alle gelegt hat und jetzt der Krieg in der Ukraine, der die Angst auch zu uns trägt. Ich frage mich, was die Seelen unserer Kinder und Kindeskinder noch ertragen müssen. Die Herzen unserer aller Kinder sollen gefüllt sein mit Liebe und Freude und nicht mit Furcht und Zukunftsängsten.

27.02.2022

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